Vers
 VEDA 
jñānena tu tad ajñānam yeṣāṃ nāśitam ātmanaḥ | teṣām ādityavaj jñānaṃ prakāśayati tat param
„Wie die Sonne Dunkelheit vertreibt und alles erleuchtet, so zerstört göttliches Wissen Unwissenheit und enthüllt die transzendentale Absolute Wahrheit.“ — Bhagavad-Gītā 5.16    

Die vedischen Schriften

sarvasya cāhaṃ hṛdi sanniviṣṭo mataḥ smṛtir jñānam apohanaṃ ca | vedaiś ca sarvair aham eva vedyo vedānta kṛd veda-vid eva cāham
„Ich weile im Herzen eines jeden, und von mir kommen Erinnerung, Wissen und Vergessen. Das Ziel aller Veden ist es, Mich zu erkennen. Wahrlich, ich bin der Verfasser des Vedānta, und ich bin der Kenner der Veden.“
— Bhagavad-gītā 15.15

Folgende bedeutende vedische Schriften sollen hier vorgestellt werden:

Śrīmad-Bhāgavatam

Nachdem Śrīla Vyāsadeva das Vedānta-Sūtra, Mahābhārata u.a. vedische Schriften verfasst hatte, fühlte er sich dennoch unzufrieden. Da besuchte ihn eines Tages sein spiritueller Lehrer Nārada Muni und Vedavyāsa fragte ihn, was der Grund seiner Unzufriedenheit sei. Nārada erklärte ihm, dass er in seinen Schriften versäumt hätte, die Herrlichkeit Kṛṣṇas, der Höchsten Persönlichkeit Gottes, und den hingebungsvollen Dienst zum Herrn ausführlich und unmissverständlich zu beschreiben. Daraufhin verfasste Vyāsadeva das Śrīmad-Bhāgavatam – auch Bhagavat-Purāṇa genannt – in 12 Cantos mit insgesamt 18.000 Versen.

Śrīmad-Bhāgavatam beginnt mit den Worten:

„O Śrī Kṛṣṇa, Sohn Vasudevas, o alldurchdringende Persönlichkeit Gottes, ich bringe Dir meine achtungsvollen Ehrerbietungen dar. Ich meditiere über Śrī Kṛṣṇa, weil Er die Absolute Wahrheit, die urerste Ursache aller Ursachen, ist. Aus Ihm gehen alle manifestierten Universen hervor; Er ist es, der sie erhält, und von Ihm werden sie vernichtet. Er ist Sich direkt und indirekt aller Manifestationen bewusst, und dennoch ist Er völlig unabhängig von jeder anderen Ursache außer Sich Selbst. Er ist es, der das vedische Wissen zuerst in das Herz Brahmās, des ersterschaffenen Lebewesens, eingab. Über Ihn sind selbst die großen Weisen und Halbgötter in Illusion – ähnlich wie es eine illusorische Vorspiegelung von Wasser im Feuer oder Land auf dem Wasser gibt. Nur durch Ihn scheint die zeitweilige Manifestation der materiellen Universen, geschaffen durch die Wechselwirkung der drei Erscheinungsweisen der Natur, Wirklichkeit zu sein, obgleich sie unwirklich ist. Ich meditiere daher über Ihn, der ewig in Seinem transzendentalen Reich weilt, das für immer von der illusorischen Vorspiegelung der materiellen Welt frei ist. Er ist somit die Absolute Wahrheit.“

Der nächste Vers beschreibt die Herrlichkeit des Bhāgavatam und den Effekt, den aufmerksames und ergebenes Studieren des Bhāgavatam hervorruft.

„In diesem Bhāgavata Purāṇa wird jede sogenannte religiöse Aktivität, die materiellen Motiven entspringt, entschieden abgelehnt, und es wird die höchste Wahrheit vermittelt, die von jenen Gottgeweihten verstanden werden kann, die im Herzen vollkommen rein sind. Die höchste Wahrheit ist die Wirklichkeit, die zum Wohle aller von der Illusion unterschieden wird. Diese Wahrheit beseitigt die dreifachen Leiden. Das herrliche Bhāgavatam, das vom großen Weisen Vyāsadeva verfasst wurde, genügt allein schon, um Gotteserkenntnis zu vermitteln. Wozu braucht man also noch irgendwelche anderen Schriften? Wenn man die Botschaft des Bhāgavatam aufmerksam und ergeben hört, wird durch diese Entwicklung von Wissen der Höchste Herr im Herzen offenbar.“

Śrīmad-Bhāgavatam wird als die reife Frucht am Baum des vedischen Wissens und als das fleckenlose Purāṇa bezeichnet. Es ist die Essenz der vedischen Weisheit. Wenn man die Vedas mit einem Ozean von Milch vergleicht, ist das Bhāgavatam die Sahne, die Vedavyāsa herausquirlte. Vyāsadeva unterrichte seinen Sohn Śukadeva im Śrīmad-Bhāgavatam und Śukadeva Gosvami sprach das Bhāgavatam in der Versammlung vieler großer Weiser zu König Pariksit Mahārāja.

Mahārāja Pariksit war der Nachfolger des Weltherrscher Mahārāja Yudhistira. Er war ein Geweihter Kṛṣṇas und ein rajarsi, ein königlicher Weiser. Eines Tages wurde er von einem Brahmana-Knaben verflucht, nach sieben Tagen am Biss der Schlange Takshaka zu sterben. Als der König dies hörte, zog er sich an das Ufer des Ganges zurück, aß und trank nichts mehr und richtete seinen Geist auf Kṛṣṇa. Viele große Weise und heilige und Persönlichkeiten, die von seiner Verfluchung gehört hatten, kamen zu ihm. Selbst Halbgötter und Weise von den himmlischen Planeten begaben sich an das Ufer des Ganges zu Mahārāja Pariksit. Der König fragte die Weisen, was ein Mensch im Angesicht des Todes am besten sprechen, hören, denken und tun sollte. Da jeder jederzeit sterben kann und niemand weiß, wann ihn der Tod ereilt, geht es darum, was man überhaupt sprechen, hören, denken und tun sollte. Mahārāja Pariksit wusste, dass er noch sieben Tage zu leben hat; wir wissen nicht wie lange wir noch zu leben haben. Noch bevor die Weisen antworten konnten, erschien der selbstverwirklichte Śukadeva Goswami am Schauplatz. Der König und alle versammelten Persönlichkeiten erwiesen ihm ihre Ehrerbietungen und boten ihm einen Ehrensitz an, da sie wussten oder an seinen körperlichen Merkmalen sehen konnten, dass er eine besondere Persönlichkeit war. Dann sprach Śukadeva Goswami das Bhāgavatam in sieben Tagen und beantwortete die Fragen Pariksit Mahārājas zum Nutzen aller Menschen.

Später sprach Suta Goswami, der einer der Anwesenden bei dem Ereignis war, das Bhāgavatam in einer Versammlung von Weisen in Naimisaranya, einem heiligen Ort.

Das Śrīmad-Bhāgavatam wird von den Gottgeweihten geliebt und verehrt als Buch-Inkarnation des Höchsten Herrn, und Śrī Caitanya Mahāprabhu, der Höchste Herr selbst, der vor ca. 500 Jahren in Indien erschien und das yuga-dharma für das kali-yuga etablierte, liebte es, in der Gemeinschaft seiner Geweihten Verse aus dem Bhāgavatam zu hören und zu diskutieren.